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„Abenteuer Handicap“ will Behinderte in den Alltag integrieren

Die Sparkassenstiftung förderte das Projekt des Kreisjugendrings mit 60 000 Euro
Am Ende gab`s lauten Jubel und Applaus – Kinder, Jugendliche, Eltern und Jugendarbeiter freuten sich: Der stolze Betrag von  60 000 Euro stand auf dem symbolischen Scheck, den die Sparkassenstiftung im Rahmen einer kleinen Feier im Jugendhaus Fellbach an das Projekt „Abenteuer Handicap“ überreichte. Die verstärkte Integration von behinderten Kindern und Jugendlichen in das gesellschaftliche Alltagsleben ist das Ziel dieser Maßnahme des Kreisjugendrings, die bereits Anfang 2008 initiiert und seither mit einer Zusage für drei Jahre von der SWN-Stiftung aus Waiblingen gefördert wurde. Dank der finanziellen Anschubförderung konnte eine ganze Reihe integrativer Projekte erfolgreich realisiert werden. Und – was mindestens genauso wichtig ist –  es wurden so die  Fundamente gelegt für die zukünftige Förderungswürdigkeit der Initiative, etwa durch die Aktion Mensch. 

Tatsächlich ist das Geld ja schon weg. Zu  zeigen, wohin es denn geflossen ist und was daraus wurde, war Hintergrund der Scheckübergabe am vergangenen Freitag. Seitens der „Stiftung der SWN Kreissparkasse Waiblingen“ waren Sparkassendirektor Albert Häberle und Stiftungsreferent Dr. Timo John ins Jugendhaus Fellbach gekommen. Frank Baumeister, Geschäftsführer des Kreisjugendrings Rems-Murr und Erfinder des Projekts “Abenteuer Handicap“ hatte die Präsentation einiger Highlights vorbereitet, allesamt Aktionen und Ideen, die durch die finanzielle Unterstützung der Sparkassenstiftung erst möglich wurden.
Den Auftakt machten die Kinder und Jugendlichen des integrativen Theaterspielclubs. Die behinderten und nichtbehinderten Schauspieler demonstrierten auf der Bühne kurze Szenen aus ihrem Stück „Ronja Räubertochter“ und ernteten dafür viel Applaus. Die 10 bis 15 Kinder proben regelmäßig im Jugendhaus Fellbach. „Uns ist es sehr wichtig, dass behinderte Menschen in unser Haus kommen“, betonte Jugendhausleiter Peter Hauser, der die Theatergruppen anleitet und sich jedes Jahr eine neue Produktion zum Ziel setzt. Immerhin 70-80 junge Menschen, behindert und nichtbehindert, beteiligen sich Woche für Woche an den Spielclubs.

„Darf man zu einem Rollstuhlfahrer Rollmops sagen?“
„Darf man einen Rollstuhlfahrer „Rollmops“ nennen?“ Frank Baumeister warf diese überraschende Frage in die Runde und erhielt die Antwort von einem, der darauf vorbereitet war. “Ja, man darf“, meinte Simon Maier, gelernter Bürokaufmann und selbst Rollstuhlfahrer. Der Leiter des Projekts „Abenteuer Handicap“ beim Kreisjugendring hat die Figur des „Rollmops“ erfunden und in seinem gleichnamigen Buch und Hörbuch veröffentlicht. Die geschilderten „ganz alltäglichen Geschichten“ eines Rollstuhlfahrers sollen helfen, den Menschen die Lebensumstände dieser Behindertengruppe näher zu bringen. Entsprechend der lockeren und schmunzelnden Art des körperbehinderten Autors sollen seine erlebten Geschichten unterm Strich, wie er sagt, „Mut machen und nicht abschrecken“.
Die Sensibilisierung der Menschen für die Situation Behinderter ist das Hauptziel der Arbeit von Simon Maier. Mit einem 5-köpfigen Team geht er etwa regelmäßig in die Schulen und gestaltet dort richtige Unterrichtsstunden zum Thema Behinderung. „Da tauchen sehr spannende Fragen auf“, so Simon Maier, der sehr offen auch über persönliche Dinge mit den Jugendlichen spricht. „Die wollen z.B. wissen, wie ich ins Bett gebracht werde, wie viele Personen dazu nötig sind. Und sie sind völlig überrascht, wenn ich von meinen Reisen erzähle, nach las Vegas z. B., oder New York: So weit fliegen? Mit dem Rollstuhl?“.
Ein weiterer Schwerpunkt seiner Arbeit sind die „Rolliführerscheine“: Menschen, die nie in einem Rollstuhl saßen, müssen hier einen speziellen Parcours meistern. Was anfangs lässig aussieht, birgt dann doch so manche Hürde. An die 1500 solcher „Rolliführerscheine“ wurden von „Abenteuer Handicap“ bereits ausgestellt, wobei die Prüflinge jeweils sehr direkt – buchstäblich „am eigenen Leib“ –  erleben und spüren, welche Schwierigkeiten die Betroffenen in ihrem Alltag zu meistern haben.

Behindertengerechter Badespaß im Waldsee
Auch Ideen, die sehr direkt und sehr praktisch den Alltag behinderter Menschen positiv verändern und erleichtern können, werden im Projekt „Abenteuer Handicap“ realisiert. Eine davon nennt sich „Barrierefreie Naherholung Schwäbischer Wald“ und wird als Pilotprojekt zusammen mit der Stadt Murrhardt am Waldsee umgesetzt. Ziel ist es, den Badespaß im See behindertengerecht zu gestalten. Was sich auf den ersten Blick als kaum erreichbar darstellen mag, wird von den Projektverantwortlichen um Toni Spinner als Herausforderung gesehen, der sie kreativ und originell begegnen. So haben sie unter anderem ein handgetriebenes Amphibienboot für Gehbehinderte konstruiert, das sie in der kommenden Badesaison im Waldsee zu Wasser lassen und taufen können. Außerdem werden Terminals mit Touchscreens um den See aufgestellt, mit deren Hilfe spezielle Angebote für Behinderte im Umkreis abgerufen werden können. Äußerst hilfreich sind auch die angelegten drei Badeeinstiege in den See für Rollstuhlfahrer, die schwimmen können. Schon in der letzten Saison, so Spinner,  hat sich gezeigt, dass diese Plattformen nicht nur für Rollifahrer, sondern auch für viele ältere Menschen sehr hilfreich sind und gerne genutzt werden.
Schließlich soll auch das Freizeit- und Schullandheim Murrhardt-Mettelberg barrierefrei umgebaut werden und ein Zimmer mit behindertengerechter Nasszelle erhalten.

„Geld ist nur Mittel zum Zweck“
In seiner Grußrede bei der Scheckübergabe zeigte sich Sparkassendirektor Albert Häberle beeindruckt von der Vielfalt und der Qualität der Aufgaben und Ideen. Die Philosophie der Sparkassenstiftung, Referenzprojekte anzuschieben und aus relativ kleinen Beträgen am Ende etwas Großes zu machen, sei im Falle von „Abenteuer Handicap“ voll aufgegangen. Seit 1988 fördert die Stiftung der SWN gesellschaftliche und kulturelle Aufgaben im Rems-Murr-Kreis. Von damals einer Million Mark sei das Stiftungskapital bis heute auf  10 Millionen Euro angewachsen. Aus der Verzinsung fallen jährlich Erträge an, die der Gesellschaft zugute kommen sollen, wie jetzt bei „Abenteuer Handicap“. Ausdrücklich bewunderte der Direktor hier den Einsatz der vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Projekts. „Geld ist ja immer nur Mittel zum Zweck“, so Albert Häberle. „Man braucht Leute dahinter, die etwas Gutes daraus machen. Ihr habt etwas Gutes daraus gemacht!“, so das Fazit des Bankdirektors. Er freue sich darüber zu erleben, dass sich heute der Umgang der Jugendlichen mit dem Thema Behinderung im Vergleich zu seiner Jugendzeit deutlich verändert habe. Unter Hinweis auf die grausamen Euthanasie-Verbrechen der Nazis erinnerte er daran, dass das Thema Behinderung in Deutschland jahrzehntelang weithin tabuisiert wurde. „Man ist damals nicht mit Behinderten aufgewachsen“.  Auch im Umfeld der eigenen Sparkasse sei eine große Veräderung eingetreten. Heute habe die Kreissparkasse Rems-Murr unter den rund 1500 Mitarbeitern eine Behindertenquote von 5 %.

Förderung durch „Aktion Mensch“
Wie geht es weiter mit dem Projekt „Abenteuer Handicap“? Erfreut konnte Kreisjugendring-Geschäftsführer Frank Baumeister berichten, dass durch die dreijährige Förderung der Stiftung der SWN die Vorraussetzungen für eine Anschlussfinanzierung durch „Aktion Mensch“ erfüllt werden konnten und inzwischen bereits Förderungszusagen bis 2013 vorliegen. Und  Ideen und Pläne natürlich erst recht. Ein Ziel für die nächste Zukunft ist etwa der Aufbau sogenannter Begleitkreise, d.h. Unterstützergruppen für junge Menschen mit Behinderung. Auch junge Menschen mit Migrationshintergrund und Behinderung sollen verstärkt erreicht werden. Gerade hier sei man erst am Anfang, weiß Kreisjugendring-Mitarbeiterin Elke Tigli, selbst Rollstuhlfahrerin mit türkischen Wurzeln. In diesen Bevölkerungsgruppen sei der Alltag von Jugendlichen mit Behinderung noch immer anders: „In erster Linie hilft dort die Familie, aber Hilfsangebote von außen werden noch zu selten wahr- und angenommen“. Deshalb wünscht sich Elke Tigli bei den Angeboten des Projekts „Abenteuer Handicap“ auch mehr Helfer mit Migrationshintergrund und stellt fest: „Da ist noch viel zu tun“ .

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Kommentare

  • Hallo, toller Bericht über die meiner Meinung nach sehr wichtigen Aktionen. Das zeichnet uns wirklich einzigartig aus, was wir in der Lage sind zu leisten. Weiter so. Gruss Sven Semet

  • Sven Semet am 03. Dezember 2010

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