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Die Lehren aus der Kolonialzeit

Schorndorfer Einrichtungen stellen eine kostenlose Veranstaltungsreihe zum Thema Postkolonialismus auf die Beine

Schorndorf. Unter dem Motto „Wir reisen gemeinsam“ findet vom 2. bis zum 29. Oktobereine kostenlose Veranstaltungsreihe zum Thema „Koloniales Erbe und globale Perspektiven“ statt. Mit Filmvorführungen, einem Konzert, Vorträgen und Ausstellungen in Lokalitäten wie der Sky Bar und der Manufaktur sollen dabei einem breiten Publikum die Auswirkungen der Kolonialzeit im heutigen Alltag verdeutlicht werden.

„Wir reisen gemeinsam“ – Das Motto der kommenden Veranstaltungsreihe in Schorndorf soll von Anfang an darauf hinweisen, dass wir als Weltbevölkerung alle in einem Boot beziehungsweise auf einem Planeten sitzen. Ob wir untergehen oder überleben – fest steht, wir werden es gemeinsam tun. Der Programmflyer des Projekts verdeutlicht das noch einmal: Die Weltkarte auf der Vorderseite ist „falsch herum“ (siehe Flyer), Afrika zeigt nach oben, die Größenverhältnisse der Länder sind genauer als die, die wir von unserer gängigen Landkarte gewohnt sind.

Was ist Postkolonialismus überhaupt? Mit dieser Frage mussten sich die Organisatoren im Vorfeld beschäftigen. „Es ist ein Thema, das von vielen verdrängt wird“, meint Pfarrer Steffen Kläger-Lißmann. Die deutsche Kolonialgeschichte ist noch nicht komplett aufgearbeitet, wird oft verdrängt. „Aktuelle Bezüge zu unseren Wirtschafts-, Essens- und Finanzstrukturen sind den Menschen oft nicht bewusst“, meint Anne Simmler vom Weltladen El Mundo. Auch die Zusammenhänge der Kolonialzeit mit den Fluchtursachen heute erschließen sich den wenigsten.

Alltagsrassismus: Aus welchem Land kommst du denn eigentlich?

„Dabei geht es nicht nur um die Fragen des eigenen Kolonialerbes“, so Pfarrer Kläger-Lißmann. „Sondern auch um Themen wie Alltagsrassismus. Wo wirkt die Kolonialzeit nach? Wir haben selber ,schwarze Flecken’ und können in rassistisches Denken reinrutschen.“ Wenn zum Beispiel ein Aushilfspfarrer einen schwarzen Schüler aus Deutschland frage, wo er denn herkomme. „Schwarze Menschen werden oft als fremd wahrgenommen und müssen sich rechtfertigen, was sie hier machen“, meint der Pfarrer. Anne Simmler ergänzt: „Es gibt auch das Phänomen des positiven Rassismus. Wenn schwarze Frauen wegen ihrer Hautfarbe als exotisch oder als gute Tänzerinnen wahrgenommen werden zum Beispiel.“ Wer sind wir? Um diese Grundfrage geht es bei der Veranstaltungsreihe laut Beate Baur vom Kreisjugendring Rems-Murr.

Was ist es für eine Dynamik, wenn wir Menschen als fremd definieren? Welche strukturellen Vorteile bringt uns das? Die Idee für das Projekt besteht schon seit längerem. Angefangen hat alles, als Beate Baur mit der ehemaligen Bildungsreferentin des Weltladens El Mundo ins Gespräch kam. Im Anschluss schickte sie eine Rundmail an alle, die eventuell interessiert sein könnten, um möglichst viele Menschen „an einenTisch zu bringen“. Damit hat sie offene Türen eingerannt; die Idee ist schnell zum Selbstläufer geworden, da sind sich alle Organisatoren einig. Es gab ein erstes Treffen im Weltladen, um zu überlegen, bei welchen Themen Bedarf für Information besteht. Schnell war klar, dass Postkolonialismus der Fokus des Projekts werden sollte. Das war vor eineinhalb Jahren. Inzwischen steht das Programm fest, die Experten sind eingeladen – fehlen nur noch die Gäste. „Wir haben von Anfang an darauf geachtet, das Programm möglichst breit aufzuziehen“, sagt Pfarrer Kläger-Lißmann.

Stolz auf die Zusammenarbeit (von links): Pfarrer Kläger-Lißmann, die Bildungsreferentin des Weltladens Anne Simmler, Beate Baur und Angelika Roth vom Kreisjugendring Rems-Murr, Andrea Abbrecht-Storm vom Bündnis gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus, Jürgen Storm von der Johann-Philipp-Palm-Schule und VHS-Fachbereichsleiter Daniel Dietrich. Foto: Habermann

„Wir möchten alle Altersgruppen ansprechen.“ Von Schülern bis zu Senioren sollen alle dabei sein. „Wir wollten so viele verschiedene Zugänge wie möglich zum Thema bieten“, sagt Angelika Roth, Projektreferentin beim Kreisjugendring. Deshalb gibt es den Zugang über Kultur mit Filmen, Musik und Theater, aber auch Vorträge, Gesprächsrunden und Seminare.

Schüler der Johann-Philipp-Palm-Schule sollen als Schülermentoren ausgebildet werden und ihre Altersgenossen durch eine Ausstellung zum Thema führen. „Das ist einfach etwas anderes, wie wenn Erwachsene das machen“, meint Angelika Roth. Das Konzept hat laut Lehrer Jürgen Storm in der Vergangenheit bei einer Ausstellung zum Thema Rechtsextremismus vor zwei Jahren schon gut funktioniert. Die Veranstaltungsreihe bietet einige Highlights. Beim Skytalk am Samstag, 13. Oktober, können junge Erwachsene über den Dächern Schorndorfs mit der TV-Journalistin und Autorin des Buches „Anleitung zum Schwarz sein“, Anne Chebu, ins Gespräch kommen.

„Wir haben es noch nicht gesehen, aber das wird wohl ein sehr provokantes Stück“, meint Angelika Roth über „Die Gräfin“, ein Figurentheater für Erwachsene mit der bekannten Figur von Stefanie Oberhoff, das am Freitag, 19. Oktober, im Jazzclub stattfinden wird. Bei der Abschlussveranstaltung in der Manufaktur am Donnerstag, 25. Oktober, werden Thabilé und Band Elemente aus Jazz, Soul und traditioneller afrikanischer Musik vereinen. Zusätzlich gibt es während der Veranstaltungszeit Filmvorstellungen, Workshops, Vorträge, Fortbildungen und eine Ausstellung.

Eine weitere Besonderheit der Veranstaltungsreihe:
Sie ist komplett kostenlos. Die Entscheidung wurde getroffen, um einer breiten Zielgruppe die Teilnahme zu erleichtern. Möglich machen es die vereinten finanziellen Mittel der Organisationen, ehrenamtliche Mitarbeiter und die Tatsache, das viele der Kooperationspartner Räumlichkeiten oder Personal zur Verfügung stellen. Jeder hat etwas beigetragen, ist es allen Organisatoren wichtig zu betonen.

Quelle: Schorndorfer Nachrichten (14.09.2018) – Vlora Kleeb

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