Im Kreishaus gehört Enge zur Philosophie
Zentrum der Jugendarbeit stellte sich erstmals der Öffentlichkeit vor – Kooperation von Jugendamt und Kreisjugendring
Zum ersten Mal stellte sich am Samstag das Kreishaus der Jugendarbeit in Backnang der breiten Öffentlichkeit vor. Seit nunmehr sieben Jahren wirken dort Teile des Jugendamts und der Kreisjugendring unter einem Dach zusammen.
Die ungewöhnliche Verbindung zwischen freiem Träger und Behörde geht auf eine Idee von Frank Baumeister zurück. Der Geschäftsführer des Kreisjugendrings (KJR) hatte lang dafür geworben – zunächst jedoch vergebens.
Der Jugendring bezog das Gebäude in der Marktstraße 48 im Jahr 2000 allein. Platz wurde damals nicht viel gebraucht, das Team bestand aus vier Kräften, die ganz gut unterzubringen waren. Im Jahr 2002 wurde aber die bundesweit einmalige Kooperation begründet. Mitarbeiter des Jugendamts zogen mit ein, und nicht zum letzten Mal mussten weitere Räume im Haus und später auch im Nebenhaus sowie an weiteren Standorten – namentlich in Murrhardt und Waiblingen – angemietet werden. Noch heute schmunzelt Baumeister vergnügt, wenn er an die damalige Vermählungsfeier zurückdenkt, bei der Landrat Johannes Fuchs im Gewand der Braut aufgetreten war.
Bevor es so weit war, galt es einige Hürden zu bewältigen. Renate Schmetz, heute Leiterin das städtischen Amtes für Familie, Jugend und Bildung, damals als Jugendreferentin bei der Stadt tätig, erinnert sich an ihre eigene Skepsis: „Ob das so gut geht?“, fragte sie sich damals. Heute hat sie „einen Heidenrespekt, was da aufgebaut worden ist“, und sie ist „stolz darauf, dass das Kreishaus seinen Sitz in Backnang hat“. Dabei hob sie als Schwerpunkte den Bereich Übergang Schule/Beruf und die interkulturelle Jugendarbeit hervor. Mit einem Augenzwinkern ließ sie auch durchblicken, worin sie die besondere Stärke der Kooperation sieht: Das Jugendamt mit seinem Fachbereich Jugendarbeit habe an Flexibilität, der Jugendring mit seinen Projekten an Strukturiertheit gewonnen.
„Die Jugendarbeit nimmt in ihrer Bedeutung eher zu als ab“, erklärte Kreisjugendamtsleiter Peter Wieland – gerade die präventive Arbeit spiele eine große Rolle, sie gelte es nach dem Amoklauf von Winnenden weiterzuentwickeln und zu entfalten, statt sie abzubauen. Ihm war es am Tag der offenen Tür ein Anliegen zu zeigen, „wie wir hier schaffen und wie beengt es zugeht“. Enge sei freilich ein Teil der Philosophie im Kreishaus – das Zusammenrücken und das Bündeln von Kräften unter einem Dach, für Wieland nach wie vor „eine zündende Idee“.
In diesen Chor stimmte auch Baumeister ein. Vor den Gästen, darunter Kreisräte und Mitglieder des Jugendhilfeausschusses, OB Dr. Frank Nopper und der frühere KJR-Vorstand und heutige Backnanger Schulleiter Ulrich Schielke, gab er nicht nur eine Rückblende, sondern hielt auch fest: „Gäbe es die Kooperation nicht, würde ich mich Vieles nicht trauen.“ Auf das Zusammenspiel könne er jedenfalls bauen, „wenn ich mal wieder die Klappe aufreiß’“. Eine „ganz geniale Sache“ sind nach seinen Worten auch die guten Beziehungen zur Politik, zu den Fraktionen im Kreistag. Da gebe es für das Kreishaus immer Unterstützung.
Stammsitz des Kreishauses – „unser Herz“ (Baumeister) – ist Backnang. Eine große Dependance gibt es in Waiblingen, wo speziell der Bereich Übergang Schule/Beruf mit Jobengine, Kompetenzagentur und Lern- sowie Berufseinstiegsbegleitung angesiedelt ist, eine weitere wurde vor einem Jahr in Murrhardt eröffnet: eine soziale Anlaufstelle für Jugendliche mit Migrationshintergrund.
Das Kreisjugendamt ist im Kreishaus mit seinem Fachbereich Jugendarbeit vertreten. Dazu gehören drei Jugendreferenten, die Fachstelle gegen Rechtsextremismus und das Jugendarbeitsleasing, ein Angebot, das sich insbesondere an die kleinen und mittleren Kommunen im Kreis richtet – sie können für eine vertraglich fixierte Zeit und eine gleichermaßen definierte Aufgabe gegen Kostenerstattung eine Fachkraft ausleihen.
Der Kreisjugendring wiederum arbeitet stark projektbezogen. Partizipation, Vermittlung von Medienkompetenz, Vielfalt tut gut, Lernen vor Ort, Komm wählen, Mitmachen Ehrensache, Rauf auf den Chefsessel – das sind einige der Themenfelder und Projekte, die der KJR für sich an Land gezogen und besetzt hat.
Ganz neu angelaufen ist ein Theaterprojekt mit Jugendlichen aus Moscheen, das von Jessica Kimmel betrieben wird. In Backnang trafen sich dazu 19 Jugendliche im Alter von 13 bis 16 Jahren. Das von der Landesstiftung Baden-Württemberg geförderte Projekt soll Zivilcourage und Schlüsselqualifikationen vermitteln.
Quelle: www.bkz-online.de
Mit einem Kommentar einmischen!
Bisher noch keine Kommentare