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Ich hab das intensiv betrieben

Lars Piechot zieht sich als KJR-Vorsitzender zurück – Sein Engagement beginnt im Juze Murrhardt.

Dass das Treffen mit Lars Piechot im Freizeitheim des Kreisjugendrings (KJR) in Mettelberg stattfindet, ist kein Zufall: Dort bandelte er mit dem Kreisjugendring an und durch das Haus bleibt er ihm auch nach seinem Rückzug als Vereinsvorsitzender erhalten. Der 37-Jährige wird sich dort noch um die anstehenden Sanierungsarbeiten und ein damit verbundenes Integrationsprojekt kümmern.

MURRHARDT. Schon vor über einem Jahr hatte Lars Piechot angekündigt, dass er dieses Mal für das Amt des Vorsitzenden nicht mehr antritt. Warum? Als er sich beruflich mit dem Thema Work-Life-Balance beschäftigte, fiel es ihm wie Schuppen von den Augen, dass die bei ihm seit Längerem doch etwas zu wünschen übrig ließ. Beruf und die Tatsache, dass er zum dritten Mal Vater geworden ist, war mit den vielen Abendterminen als KJR-Vorsitzender und seinem Ehrenamt nicht mehr so leicht in Einklang zu bringen. Zudem sagt er: „Ich gehe mittlerweile auf die 40 zu, denke, dass jetzt auch andere zum Zug kommen sollten.“

Die Zeit beim Kreisjugendring will er deshalb keinesfalls missen. Sie war für ihn in verschiedenster Hinsicht wertvoll. „Ich hab das ja auch intensiv betrieben“, sagt er. Hinzu kam, dass Lars Piechot den Kreisjugendring in einer ungewöhnlichen Hochzeit genauso wie in einer kritischen Umbruchphase erlebt hat. Aber dazu später.

Schon zu Jungscharzeiten engagierte er sich bei der Evangelisch-methodistischen Kirchengemeinde Murrhardt im Jugendkreis, dann lernte er das Jugendzentrum (Juze) Murrhardt kennen. „Das war beim Sommerpalast, wo uns Gerhard Dinger, damals hauptamtlicher Sozialarbeiter im Juze, eingesammelt und einfach mal mitgenommen hat.“ Es gefiel ihm nicht nur im Jugendzentrum, sondern er engagierte sich dann auch im Vereinsvorstand und bandelte schließlich über die Begleitung von Kinderfreizeiten mit dem Kreisjugendring an. Parallel lief die berufliche Entwicklung – Lars Piechot entschied sich, von Geschichte auf ein Studium der Sozialarbeit in Stuttgart umzuschwenken. Als er dann bereits längere Zeit als Vertreter der „Arbeitsgruppe Freizeit“ Mitglied im KJR-Vorstand war, folgte 2010 der nächste Schritt, und er übernahm das Amt des Vorsitzenden. Im Zentrum standen für ihn die Themen Jugendbeteiligung und insofern auch selbstverwaltete Jugendzentren („Das ist ja gelebte Jugendbeteiligung“) sowie weiterhin Freizeiten. Zukunftskonferenzen, die der Kreisjugendring in Murrhardt, Leutenbach und Schorndorf mit organisiert hat, waren ein Forum für die Wünsche und Anregungen junger Menschen vor Ort. „Jugendbeteiligung ist schon auch ein Qualitätsmerkmal für eine Kommune“, sagt Piechot. Man könne damit nicht erst anfangen, wenn die Menschen erwachsen seien. „Umgekehrt lernt man als Jugendlicher viel, wenn man ein konkretes Projekt durchsetzen möchte, erfährt, an wen man sich wenden und mit wem man sich auseinandersetzen muss.“

Nach dem Amoklauf von Winnenden 2009 kamen weitere, ebenso wichtige Themen hinzu, und der Kreisjugendring baute seine medienpädagogische Arbeit aus. Im Rahmen der Partnerschaft mit der Stiftung „Aktionsbündnis Amoklauf – Stiftung gegen Gewalt an Schulen“ entstanden beispielsweise das Projekt „Lebenslinien“ sowie zahlreiche Angebote in der Gewaltprävention, auch im Zusammenhang mit den Neuen Medien. Das Projekt „Netzperten“ zur Förderung der digitalen Mündigkeit mittels Peer-Education hat der 37-Jährige besonders in Erinnerung. „Dabei ist auch ein Film entstanden, und wir haben einen Preis erhalten.“

Lars Piechot liegt das Freizeitheim in Murrhardt-Mettelberg am Herzen. Im Garten vor dem Haus erzählt er, wie sich sein Engagement für den Kreisjugendring entwickelt hat. Durchs Jugendzentrum Murrhardt lernte er auch den KJR und seine Freizeitarbeit kennen. Foto: J. Fiedler

Bei Entwicklung und Umsetzung von „Netzperten“ wurde Lars Piechot besonders bewusst, wie sich Beruf – damals war er noch als Schulsozialarbeiter in Schorndorf tätig – und Ehrenamt gegenseitig befruchten und ergänzen. „Wir konnten das Projekt an der Karl-Friedrich-Reinhard-Schule testen.“

So positiv und wertvoll diese Entwicklungen waren, sie erfolgten auch vor einem Hintergrund, der den Kreisjugendring Rems-Murr vor eine heftige Herausforderung stellte, die Lars Piechot so nicht unbedingt noch einmal erleben möchte. Durch verschiedenste Projekte und deren Förderung mit Geldern des Europäischen Sozialfonds (ESF) war der KJR zwischen 2007 und 2014 enorm gewachsen. Doch mit der ESF-Schwerpunktänderung 2014 war klar, dass deutliche Einschnitte bevorstanden. „Das war eine enorme Herausforderung für den Vorstand, da ist mir auch noch mal die Verantwortung des Amtes klar geworden.“ Den Projektmitarbeitern war die zeitliche Begrenzung ihres Einsatzes generell bewusst und sie konnten sich umorientieren, aber auch Mitarbeiter der Verwaltung waren von den nötigen Einschnitten betroffen und mussten gehen. „Es wurden betriebsbedingte Kündigungen nötig. Die Mitarbeiter sind schließlich woanders untergekommen.“

Der KJR durchlief einen Umstrukturierungs- und Verkleinerungsprozess, holte sich dabei Hilfe von außen. „So konnten wir die Beziehung zwischen Geschäftsführung und Vorstand noch mal genau klären und abstecken.“ Ein weiteres Ergebnis: „Wir haben unser Profil geschärft, und es war klar, dass wir auch das Wachstum künftig im Blick behalten wollen.“

Trotzdem ist die Projektarbeit immer noch wichtig, neu dazugekommen sind beispielsweise Vorhaben der Demokratieförderung und Stärkung des Ehrenamts, flankiert von den etablierten Bereichen Übergang Schule – Beruf, Freizeiten, Partizipation, Inklusion und Integration.

Letzterem Arbeitsfeld und dem Freizeitheim Mettelberg ist es zu verdanken, dass Lars Piechot dem Kreisjugendring zumindest noch eine gewisse Zeit erhalten bleibt. Im Rahmen eines Minijobs wird er notwendige Renovierungsarbeiten in den Bädern mit einem Projekt für junge Geflüchtete koordinieren und begleiten. Mittlerweile in einer Führungsposition bei der Arbeiterwohlfahrt in Schwäbisch Hall tätig, „ist das ein guter Ausgleich, wenn ich dann mal den Vorschlaghammer in die Hand nehmen kann“. Bei der Sanierung der Bäder, die von einem Handwerker geleitet wird, haben junge Geflüchtete die Möglichkeit, mitzuhelfen sowie Handgriffe, Abläufe und Planung mitzuerleben. Eine erste Projektphase für die Anlagen im Obergeschoss ist schon abgeschlossen. Dabei ginge es eben nicht darum, einfach ein paar helfende Hände mehr zu haben, sondern den jungen Leuten etwas zu vermitteln und Einblicke zu ermöglichen, erläutert Piechot. „Ich denke, so bekommen sie ein Gefühl für den Beruf und wissen, wie es ist, in diesem Gebiet zu arbeiten.“

Er selbst hatte durch sein Engagement die Chance, berufliche Aufgaben noch ein Stück weiter voranzutreiben. Genauso habe er durch die ehrenamtliche Arbeit beim Kreisjugendring viel für seinen Beruf gelernt – sei es menschlich, politisch oder ganz praktisch, wenn es darum ging, ein Freizeitheim mit begrenzten Ressourcen in Schuss zu halten.

Quelle: Backnanger Kreiszeitung (04.07.2018) – Christine Schick

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