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Theater, das Freundschaften stiftet

Im Porträt: Zwei von 30 Schauspielern des jungen, bunten und inklusiven „Café Babel“-Ensembles / Premiere am Donnerstag

Sie macht am Staufer-Gymnasium ihr Abitur. Er ist, was man einen „besonderen“ jungen Mann nennt. Beide lieben das Theater. Im Tanz-Stück „Crossroads“ stehen Henrike Gärtner und Leonhard Exner gemeinsam auf der Schwanen-Bühne: zwei Akteure einer unglaublich bunten, inklusiven Truppe aus Schülern, Flüchtlingen, Menschen mit und ohne Behinderung.

Vor dem Interview während der Proben nimmt Henrike Gärtner ihren Mitspieler Leonhard Exner noch kurz liebevoll in den Arm. „Crossroads“ ist sein erstes Stück mit dem „Café Babel“-Ensemble, aber „er war gleich voll dabei“, berichtet Regisseurin Ismene Schell, die nicht allzu viel vom Etikett „besonderer Mensch“ hält: „Wir sind doch alle irgendwie besonders, oder?“ Und Besonderheiten jeglicher Art würden in dieser außergewöhnlichen Gruppe, in der jeder seine Rolle selbst entwickelt, mitgetragen. Man tritt eben kurz zur Seite, redet, nimmt in den Arm.

Foto: Andreas Kölbl

Die Jugendlichen entwickeln ihre Stücke selbst

„Ich war zum Beispiel unheimlich schüchtern, und das war mir unangenehm“, erzählt Henrike Gärtner über ihre Theater-Anfänge vor drei Jahren. Als sie merkte, dass sie schüchtern sein darf, dass ihr das niemand krummnahm, verlor sie die Schüchternheit allmählich – heute sprudelt sie nur so, wenn sie ins Erzählen über die Rolle, das Ensemble und sich selbst kommt.

Auch Leonhard Exner hat schon einige Bühnenerfahrung, hat an Workshops und Projekten in Lahr, München und Berlin teilgenommen. „Mein Wunsch ist, dass das Theater mein Beruf wird“, sagt der 18-Jährige, der eine Schule im Berufsschulzentrum Backnang besucht. Seine Rolle? „Du bist wild“, sagt die Regisseurin. „Ja, wild“, bestätigt er und lacht herzlich. „Du bist ein Krieger, du beschützt die anderen.“ – „Ja!“ Alle stehen im Kreis, wenn Leonhard im Lauf des Stücks sein Breakdance-Solo hinlegt. Doch endlos viel Zeit für ein Interview hat er nicht, denn schon wird er vom Saal her gerufen: „Du wirst jetzt bei den Tänzern gebraucht!“

Von ihrer alten Tanzschule war Henrike Gärtner, damals 14, zunehmend gelangweilt. Und als sie eines Tages einen Artikel aus dieser werten Zeitung, ausgeschnitten extra von Oma für die Enkeltochter, auf dem Küchentisch vorfand, schnappte sie ihre Tasche wie immer – und ging statt zur Tanzschule in den „Schwanen“. Seither gehört sie ohne Unterbrechung zum „Café Babel“-Ensemble, das im Kulturhaus schon ein halbes Dutzend Stücke entwickelte.

Auf der Bühne stehen Gymnasiasten, Flüchtlinge, Behinderte, Gemeinschaftsschüler, Jugendliche aus behüteten Elternhäusern und solche, denen weniger Glück zuteil war. Interkulturelles und inklusives Jugendtheater nennt sich das abstrakt. In der Praxis eine unglaublich dynamische und kreative Mischung, die nichts Vorgegebenes inszeniert, sondern Stücke aus sich heraus entstehen lässt. Mit Tanz, Gesang und brasilianischem Capoeira. Henrike Gärtner fand für das Stück, das sowohl zur Zeit der Wikinger als auch in der Gegenwart in einem Club spielt, Figuren: eine Art Seejungfrau, gefühlskalt und berechnend – Jasmin, ein Wesen aus Wasser und Luft, das versucht, in einem Menschen Wurzeln zu schlagen. Dann ein Partygirl in der Disco, extrovertiert und sexy. Durch den Zeitsprung wechseln Kostüme und Identitäten, aber die Figuren sind noch immer auf der Suche nach einer Auflösung der uralten Verstrickungen.

Beim Proben begegnen sich Menschen, die sich im normalen Leben wohl nie begegnet wären. „Aber man hat nie den Eindruck, dass man jemanden nicht kennt“, meint die 16-Jährige, die ihre Freizeit sonst mit Lesen, Malen und Skaten verbringt. Grund sei, dass „hier jeder gleich aufmacht“. Die Jugendlichen verhalten sich nicht nach ihren Rollen wie auf der Straße. Freundschaften entstehen – ein Grund, warum die Theaterreihe unter dem Titel „Sprünge für das Leben“ durch das Förderprogramm „Gesellschaftlicher Zusammenhalt“ des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg für zwei Jahre gefördert wird.

Quelle: WKZ (Andreas Kölbl,  15.10.2019)

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